Eins sein mit Gott. Jemand sagt: „Wir sind eins“. Was haltet Ihr von dem Satz? Eine prominente Persönlichkeit sagte z.B.: „Wir sind eins“ um ihr Mitgefühl mit verunglückten Menschen kund zu tun. Dabei dürfte sie keinen einzigen der Verunglückten gekannt haben. „Wir sind eins“ begegnet mir als Formel immer häufiger. Man hat zwar nichts gemeinsam, aber Hauptsache man ist „eins“. Ich beobachte immer mehr Menschen mit diesen Ideen: Schluss mit allen Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, hin zur Einheit. Alles was trennt sei schlecht. Wenn wir alle Unterschiede aufheben, wird es endlich gut. Einheit wird medial als die Medizin für so ziemlich jedes gesellschaftliche oder politische Problem verkauft. Alles müsse geeint werden: Parteien, Nationen, Religionen. Ist das „Eins“ wirklich so viel besser als verschieden zu sein, zu unterschiedlichen Gruppen zu gehören? „Wir und Ihr“ kann ja schließlich auch „Wir für euch“ oder „Wir mit euch“ bedeuten. Das wäre doch gut und völlig legitim.
Für mich stellt Einheit einen wirklich hohen Wert dar. Es ist der intensivste Ausdruck der Zusammengehörigkeit. Diese Einheit bekommt man nicht auf dem Flohmarkt der Kompromisse. Man gewinnt sie nicht durch „Schwamm drüber“, Frieden bewahren und kritikloses Wegsehen bei Missständen der anderen. Echte Einheit ist kein Einheitsbrei und auch kein frommes Wischiwaschi. Es ist auch mehr als ein politischer, gesellschaftlicher oder religiöser Begriff. Es ist viel mehr, und das möchte ich heute aufzeigen. Ich glaube, dass es zwei entgegengesetzte Arten von Einheit gibt. Wie Feuer und Wasser, wie Licht und Finsternis. Beides heißt Einheit, es sind aber genaue Gegensätze.
Die Stelle über das eins sein mit Gott, die mir dazu die Augen öffnete, ist Johannes 17,20 und lautet so:
20 Ich bete nicht nur für sie, sondern auch für alle, die durch ihr Wort von mir hören und zum Glauben an mich kommen werden. 21 Ich bete darum, dass sie alle eins seien, so wie du in mir bist, Vater, und ich in dir. So wie wir sollen auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. 22 Ich habe ihnen die gleiche Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie du und ich. 23 Ich lebe in ihnen und du lebst in mir; so sollen auch sie vollkommen eins sein, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und dass du sie, die zu mir gehören, ebenso liebst wie mich.
Es geht hier um eins sein mit Gott.
Den Begriff „Dreieiniger Gott“ – Vater, Sohn und Heiliger Geist“ hat jeder schon gehört. Es fällt den meisten schwer, sich etwas Konkretes darunter vorzustellen. Es ist die perfekte Einheit. Du in mir und ich in dir – so beschreibt es Jesus. Mehrere bilden eine gemeinsame Person die „gegenseitig ineinander“ ist.
Wirklich spannend ist es, dass auch über eine bestimmte Gruppe Menschen gesprochen wird: Menschen, die geglaubt haben. Eins sein mit Gott bezieht sich auf diese Menschen.
Das Ungeheuerliche, das hier gesagt wird, ist, dass Menschen gerufen sind, in einer Gott gleichen Weise eins miteinander zu sein. Ohne Übertreibung: Sie sollen eins sein wie der dreieinige Gott eins ist. Und Obendrauf: Sie sollen mit Ihm auch eins sein, wie er mit sich selbst eins ist.
Da frage ich mich: Wer so in Gott aufgenommen ist, wird der nicht selber wie ein Teil von Gott? Besonders, wenn Gottes Herrlichkeit dabei übertragen wird.
Wäre das meine Idee, würde ich mich selber für übergeschnappt halten, aber es steht da in Johannes 17. Wenn Jesus so von Einheit spricht, kommt es mir vor, als spricht er von einem Sprung auf eine höhere Entwicklungsstufe des Menschseins: Ein Super-Gemeinschaftswesen. So sehr „Eins“, dass etwas Neues daraus entsteht.
Der Bibeltext sagt, dass sie so vollkommen eins sind und die Herrlichkeit Gottes haben, dass die anderen Menschen spontan erkennen werden:
Die Sache ist von Gott gewirkt und Jesus, mit dem alles angefangen hat, ist von Gott gesandt worden. Eine solche Christenheit braucht nicht viel zu erzählen. Sie ist wie ein Magnet für Menschen. Sie können mit eigenen Augen sehen, was es bedeutet, wenn Jesus Einheit schafft.
Der Text zeigt aber auch: Jesus trennt, denn es gibt auch die „Anderen“, die Welt, die noch nicht dazu gehören. Jesus nennt die Seinen „nicht von dieser Welt“ und es ist auch gewollt, dass ein Unterschied besteht: Es wird dazu führen, dass die Welt glaubt und zur Einheit mit dem Vater hingezogen wird.
Es steht jedem offen sich dieser Einheit anzuschließen, aber nicht jeder will das. Jesus sei „ein Stein des Anstoßes“ heißt es dazu in der Bibel. Einheit heißt auch Eigenheiten aufgeben zu müssen. Diese Wahlfreiheit ist gegeben und notwendig. Es ist eine freie Entscheidung.
In Johannes 17 bietet uns Jesus eine göttliche Einheit in Verbindung mit dem Himmel an. Das verbindende Element ist die Herrlichkeit: „Ich habe Ihnen die Herrlichkeit gegeben, damit sie eins sind.“
Es ist mein Recht und sogar meine Pflicht genau zu unterscheiden, mit wem ich „eins“ bin und mit wem nicht. Ein Überstülpen, oder mich zur Einheit verpflichten, lasse ich nicht zu. Echte Einheit ist an der Freiheit zu erkennen. Seit dieser Einsicht genieße ich wieder stärker die Einheit aus Johannes 17, denn ich bin mit den dort beschriebenen Menschen wirklich eins – und das ist nicht mühsam. Ich muss diese Einheit auch nicht erst herstellen – sie ist schon da. Oft genug begegne ich Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen und Völkern, die Jesus lieben. Manchmal spreche ich nicht einmal ihre Sprache oder würde Ihr Essen nicht vertragen können. Und doch ist es so, als habe man sich schon immer gekannt. Direkt von der Ersten Begegnung an.
Die anderen Menschen liebe ich, sogar die Feinde, bin aber nicht „eins“ mit Ihnen.
Eins sein mit Gott