Kann man Gottes Nähe spüren? Gott ist uns nahe. Diesen Satz hören Sie sicher nicht zum ersten Mal. Ich möchte dem Satz einmal eine Frage gegenüberstellen. Dies ist eine Frage, die Sie an sich selbst richten können. Hören Sie einmal diese Frage und spüren Sie, was sie in Ihnen bewirkt:

Wie nahe darf Gott mir kommen?

In Wesel traf ich einen Mann, der einen kleinen Zettel verteilte mit der Aufschrift: „Stellen Sie sich auf eine Begegnung mit Gott ein.“ Dann führt er mit den Menschen Gespräche. Was denken Sie, wie die Menschen auf diesen Satz reagieren? Ich habe ihn gefragt. Die wenigsten sagen: „Darauf freue ich mich schon.“ Die meisten sagen: „Bei dem Satz dachte ich, es wird etwas Schlimmes passieren.“ Oder sie sagten dass sie den Satz beunruhigend fanden.

Warum ist das so?

Ich habe vor einigen Wochen im Bibelkreis die Frage gestellt: Was wäre, wenn wir für einen Kranken beteten und er würde augenblicklich gesund? Einige von Ihnen haben geantwortet: „Dann würde ich es mit der Angst zu tun bekommen.“

Wir wünschen uns, dass Gott nahe ist und Anteil an unserem Leben nimmt. Aber wenn er sich so konkret offenbart?

Wir leben mit diesem Bewusstsein: Jesus – kennt doch jeder. Wirklich? Kennen wir ihn wirklich, oder wäre er für uns wie ein Fremder, wenn er sich zeigte? Würden wir uns freuen, oder wären wir damit überfordert?

Besonders als Evangelische wissen wir: Wir leben aus Glaube, Gnade, Gottvertrauen. Wie tief ist dieses Wissen in unsere Herzen vorgedrungen? Bin ich frei von Furcht, oder steckt in mir doch eine Angst vor diesem übernatürlichen Gott?

Warum spreche ich das an? In den Evangelien steht an vielen Stellen, dass Gott an unsere Herzenstüre klopft, oder dass wir ihm vertrauen sollen wie Kinder. Es ist ein Öffnen von unserer Seite nötig. Wir müssen uns auf Ihn einlassen.

Wir sind weiter weg von Gott als er uns nah ist.

Er weiß alles über uns. Wir sind vor Gott ganz offenbar. Er kennt uns besser als wir ihn. Das kann sich nur ändern, wenn er sich uns offenbart. Ich glaube, dass wir viel mehr von der Güte Gottes erleben könnten, wenn wir nicht unbewusst vor seiner Offenbarung zurückschrecken würden.

Darum ist es eine sehr entscheidende Frage:

Wie konkret darf Gott sich mir offenbaren?

Wie ist es, wenn Jesus uns begegnen möchte? Was können wir erwarten wenn er sich offenbart? Wie wäre das, wenn ER uns plötzlich viel näher kommt, als wir es bisher gekannt haben?

Im Johannesevangelium Kapitel 21 gibt es so eine besondere Begegnung. Es ist so ein „Nahe kommen“ des Auferstandenen an seine Jünger. Ich lese diesen Text einmal vor und wir werden erkennen, dass es den Jüngern nicht anders als uns ergeht, obwohl sie ja vorher mit ihm zusammen gewesen waren.

1 Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so:

2 Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger.

Die Jünger sind also nicht mehr in Jerusalem. Im Matthäus 28,10 steht: Die Frauen am leeren Grab sollten den Jüngern zu sagen, dass Jesus sie in Galiläa treffen wolle.

Vermutlich haben sie bei Petrus zuhause gewartet. Petrus will nun nicht länger warten:

3 Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen.

Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts.

Es sieht so aus, als sei dieses Fischen nicht sonderlich gesegnet. Bei Fehlschlägen neigen wir Menschen schnell zu denken: Gott hat sich entfernt. Kann man die Nähe Gottes denn am momentanen Erfolg abmessen?

4 Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.

5 Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.

Wir sehen: Er ist nahe, aber es ist ihnen nicht offenbar.

Und: Er legt den Finger in die Wunde, macht den Mangel verstärkt bewusst. Er kommt genau an dem Morgen, als sie nicht auf ihn warten, ihn aber besonders brauchen.

Das können auch wir erwarten. Jesus wird uns kein Trostpflaster spendieren sondern den Mangel bewusst machen. Er wird uns nicht gnädig doch ein paar Fischlein in der Nacht zukommen lassen. Er verbindet den Segen mit seiner Offenbarung:

6 Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.

7 Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr!

Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser. Schon im alten Testament sagt Gott: „Meine Ehre gebe ich keinem anderen.“ Wenn er etwas Gutes tut, gibt er sich auch zu erkennen. Hier macht er es durch eine Wiederholung. Schon einmal hatten die Jünger durch seine Anweisung viele Fische gefangen. Johannes geht ein Licht auf. Er hat die Offenbarung: Jesus ist hier.

Petrus beeilt sich besonders und nimmt seinen Mantel mit. Warum springt er mit dem Mantel ins Wasser? Womöglich kommt Jesus um sie abzuholen? Muss er direkt mit ihm mitgehen?

Eins zeigt Pertus ganz deutlich: Wenn Gott sich offenbart, muss man auf ihn zugehen. Nicht zögern. Man hat fast das Gefühl Petrus hätte Angst etwas zu verpassen. Unsicher könnte er wirklich sein: Es ist noch nicht so lange her, dass er in einer einzigen Nacht dreimal behauptet hat Jesus nicht zu kennen.

8 Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen.

9 Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot.

Ist das nicht eine schöne Szene? Gottes Nähe spüren: Der Auferstandene ist ganz Mensch geblieben.

Er erscheint auch schon mal mit einem Gesicht, hell wie die Sonne wie in der Offenbarung des Johannes, aber hier ist es anders. Keine Throne, keine Engel, Altarfeuer oder Fanfaren. Nur ein Kohlegrill für das Essen. Er spricht auch nicht zu Ihnen über große Aufgaben – es liegt ja noch viel vor Ihnen. Bevor es wieder richtig los geht, nimmt er sich Zeit mit seinen Jüngern ganz privat zu grillen:

10 Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt!

11 Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.

12 Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.

13 Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch die Fische.

14 Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war.

Diese Begegnung macht die Jünger uns gleich. Sie hatten sein Gesicht gesehen und die Narben des Kreuzes. Das hilft ihnen jetzt nicht mehr Ihn zu erkennen. Es bleiben die Wunder und Zeichen und seine Liebe ihn zu identifizieren. Sie kennen ihn nicht mehr nach dem Aussehen, sondern nach dem Geist.

Wer will Jesus begegnen? Es geht genau so, wie es in Johannes 21 beschrieben. Diese Begegnung ist so natürlich und in ihren Alltag eingebettet und dabei zugleich wundervoll und nicht von dieser Welt. Es ist die größte Bereicherung, die wir in unserem täglichen Leben erfahren können.

Jesus hat die Jünger an bestimmte Punkte geführt um sich ihnen zu offenbaren. Das zeigt auch für unser Leben ein Muster. Welche Hilfen gibt uns die Bibel, wie wir Jesus begegnen können?

Zuerst haben sie erwartet, dass er sich offenbart. Rechnen auch wir damit, dass er sich offenbart? Kann man Gottes Nähe spüren? Das hängt sehr davon ab ob wir Ihn erwarten.

Er gibt Hinweise auf sein Wirken. Wenn wir die Hinweise nicht erwarten, werden wir sie übersehen. Johannes hat den Hinweis bemerkt. Mich wundert, dass die anderen Jünger es nicht auch sofort gemerkt haben.

Wir sollten Nachdenken über die Frage: Woran würde ich Ihn erkennen? Was wäre für mich so ein Zeichen der Wiederholung wie dieser Fischzug? Gibt es Situationen in meinem Leben, an denen ich seine Handschrift erkenne oder wiedererkenne? Eventuell wird uns dabei klar, dass er in vielen Stunden nahe war ohne dass uns das so bewusst war.

Ein weiterer Punkt ist: Die Jünger wussten schon „Er ist auferstanden“. In diesem Treffen wurde es persönlich und sie erkannten: „Er ist für mich auferstanden“. Er kommt zu mir als ein Freund, ich bin ihm wichtig. Genau diese Einsicht hilft auch uns Gott näher zu kommen.

Drittens: Wenn wir näher zu Gott wollen, müssen wir auch mal wie Petrus ins Wasser springen und etwas wagen. Gnade und Glaube bringen uns näher zu Gott – Angst lässt uns zurückschrecken. Legen wir Ihm die Regie in die Hand. Werfen wir das Netz aus, wie er es sagt. Auch dass ist ein Schritt des Glaubens. Es bedeutet sich auf den Zuruf des „Unbekannten“ einzulassen. Eine Garantie, dass es Jesus war, gab es dabei nicht, aber nur so war es zu erfahren. Das Ergebnis: Der Herr hat es WOHL gemacht. Das heißt er wird uns in GUTER WEISE begegnen.

Wir brauchen uns nicht vor seiner Offenbarung oder seinem Wirken zu fürchten, denn er begegnet uns freundlich.

Der Auferstandene ist ganz Mensch geblieben.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus

Amen

Kann man Gottes Nähe spüren?