Versuchung ist das Hauptthema für den Sonntag Invokavit.
Die Versuchung von Jesus ist im Grunde eine einfache Bibelstelle. Der Text ist nicht schwer zu verstehen.
Er handelt vom Wesen des Bösen und davon, wie man es besiegt. Es ist eine ganz einfache Anleitung und trotzdem tun wir heute uns schwer damit.
Das hat weniger mit dem Text zu tun. Es liegt daran, dass die Kultur sich mit der Zeit geändert hat. Die Idee, dass es Geister gibt, die zu einem Menschen sprechen, will der moderne Mensch nicht akzeptieren. Das erscheint unvernünftig. Man ist auch froh, dass Teufelsglaube uns heute nicht mehr ängstigt. Diese Angst wurde ja auch lange genug von der Religion missbraucht. Religion baut auf Angst, echter Glaube auf Liebe und Vertrauen in Gott. Es sind also Gegenteile. In der Bibel steht zwar einiges über den Teufel, aber er wird als ein besiegter Teufel beschrieben:
Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. – ist unser Wochenspruch.
Oder in Lukas 10:18 steht: Er sprach aber zu ihnen: Ich sah wohl den Satanas vom Himmel fallen als einen Blitz. Sehet, ich habe euch Macht gegeben, zu treten auf Schlangen und Skorpione, und über alle Gewalt des Feindes; und nichts wird euch beschädigen.
Es hätte also kein Christ zu irgendeiner Zeit Angst vor einem Teufel haben müssen. Botschaft des Evangeliums ist:
Das Böse ist besiegt!
Warum haben die Menschen dann immer noch so viele Probleme damit? Warum ist das Böse nicht einfach „weg“? Warum haben wir kein Paradies auf Erden?
Mir kommt bei der Frage das „Vater unser“ in den Sinn:
Führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Das Gebet bedeutet doch: Das Böse ist besiegt. Jesus, bitte bringe diesen Sieg auch zu mir in Form von Erlösung.
Es ist so wie bei der Entdeckung eines Impfstoffes. Sobald der Stoff hergestellt ist, ist die Krankheit besiegt. Es muss sich aber jeder Einzelne noch impfen lassen. Das ist das „erlöse uns“.
Der andere Teil ist das „führe uns nicht in Versuchung“. Das ist auch wichtig. Es geht darum, dass das Böse keinen Nachschub bekommt. Wenn ich einen Kanal trockenlegen will genügt es nicht unten das Wasser abzulassen, ich muss auch oben den Zulauf absperren. So arbeiten Erlösung und Führung zusammen.
Mit Versuchung fängt immer eine Geschichte an.
Das ist uns nicht bewusst. Wir denken es sei nur ein Augenblick, ein Impuls, ein Zufall. Kein Augenblick im Leben steht allein.
Es ist alles unsere Geschichte:
Eine Schlechte oder eine Gute oder eine die wieder gut wird.
Und jetzt wird es persönlich. Ich will davon erzählen, wie ich einmal in Versuchung geraten bin und was das für eine Geschichte war. Ich war Zivildienstleistender im Sauerland in der Nähe von Lüdenscheid. Eines Abends im Winter zwischen Weihnachten und Neujahr fuhr ich auf der Straße von Lüdenscheid nach Altena, wo meine Unterbringung war. Es ist eine etwas langweilige Strecke, wenig los und zu dieser Zeit fast verlassen. Ich bin als Autofahrer ein eher nüchterner Typ. Ich will immer nur von A nach B. Fahrspaß oder Autofahren zum Vergnügen sind mir fremd. Ich hatte meinen Führerschein schon länger. Den Zivildienst habe ich nachgeleistet.
Auf der Strecke gibt es eine S-Kurve und plötzlich hatte ich die Eingebung diese Kurve nicht sauber zu fahren. Etwas schneiden, wie die Rennfahrer. Schwungvoller fahren als sonst.
Ich hatte niemals vorher einen solchen Gedanken oder Lust so etwas zu tun. Weil das so ist, fühlte sich die Lust das zu tun irgendwie fremdartig an. „Was hast Du da für komische Gedanken?“ ging es mir durch den Sinn. Ich musste mich in einem Augenblick entscheiden. Da war die Kurve auch schon da und ich fuhr ganz brav in der vorgeschriebenen Geschwindigkeit und sauber in meiner Spur.
Als ich aus der Kurve heraus kam sah ich auf der weißen Linie am Straßenrand einen kleinen, dunklen Fleck der sich bewegte. Wird wohl ein Kaninchen sein, dachte ich. Als ich bei dem „Fleck“ ankam sah ich, dass es ein kleiner Hund war. Ich denke ein Welpe. Er war an einer dieser sehr dünnen Rückholleinen. Gehalten von einem kleinen Mädchen, höchstens 7 Jahre alt. Ich dachte: „Was macht die den hier alleine mit ihrem Hündchen im Dunkeln?“ Es war eine einsame Stelle und die nächsten Häuser ca. 2 km den Berg rauf. „Ob ihre Eltern wohl wissen, dass die hier unterwegs ist? Vermutlich hat sie das Hündchen zu Weihnachten geschenkt bekommen und meint sie muss das jetzt noch ausführen,“ dachte ich.
Ich dachte darüber nach und auch darüber, das ich kurz davor den Impuls hatte die Kurve zu schneiden. Ich überlegte, wie ich dann wohl aus der Kurve gekommen wäre und mir wurde schlecht.
Ich wäre genau an der Stelle wo der Hund war über die Linie gekommen.
Ich hätte vor den Augen dieses Kindes ihren Welpen unter meinen Autoreifen zerfahren. Was für eine furchtbare Geschichte. Ich wäre an dem Abend zum Kindheitstrauma dieses Mädchens geworden. Ich sah mich in Gedanken mit einem verstörten Kind und einer blutigen Hundeleine am Haus der Eltern klingeln um den Vorfall zu erklären. Was für ein Alptraum.
Was ist die Natur des Bösen? Welches Gesicht hat der Teufel?
Für dieses Kind wäre ich zum Gesicht des Bösen geworden:
Der Autofahrer, den sie ihr Leben lang nicht vergessen würde.
Später saß ich in meinem Zivildienstzimmer. Der ganze Vorfall ging mir durch den Kopf. Warum hatte ich grade an diesem Abend an dieser Stelle die Idee den Rennfahrer zu spielen? Das hatte ich noch nie. Es ist auch eine sehr einsame Stelle. Ich habe da noch nie einen Menschen gesehen. Zu jeder anderen Zeit an jedem anderen Tag wäre dort nichts passiert.
Ich dachte: Das Böse ist kein Zufall, nein, es ist wirklich böse. Versuchung kommt in genau dem Moment,
in dem sie den größten Schaden anrichten kann.
Das Böse ist intelligent, geplant, eingefädelt… aber auch besiegt.
Wir dürfen es aber nicht leichtfertig nehmen, sondern wir sollen das Rezept anwenden, das Jesus uns gibt. Teil 1 des Rezeptes lautet:
Führe uns nicht in Versuchung.
Das braucht unsere Entscheidung. Das Beste ist, gar nicht erst der Versuchung zu folgen. Bei Jesus lesen wir das Böse musste gehen und Engel dienten ihm. Es liegt bei uns ob eine schlechte Geschichte oder eine gute Geschichte beginnt. Entscheide dich jetzt! Es liegt bei dir!
Möglicherweise denkt jetzt jemand: Das hätte ich vor 10 Jahren hören müssen. Dann hätte ich Entscheidungen anders getroffen. Fehler nicht gemacht. Zu spät: Die Versuchung war schon gestern.
Darum möchte ich noch eine andere Begebenheit berichten. Eine zuerst schlechte Geschichte, die wieder gut wurde.
Ich sprach bei einem Kirchkaffee mit einer Frau. Thema des Gottesdienstes vorher war: „Wenn ich einen Wunsch frei hätte“.
Die Frau sagte: „Mein einziger Wunsch wäre, dass ich es schaffen würde mit dem Rauchen aufzuhören.“ Sie berichtete, dass sie alles Mögliche versucht hatte, aber immer wieder angefangen hatte zu rauchen. Ich sagte Ihr, sie könne Gott im Gebet bitten ihr dabei zu helfen. Sie sagte: „Was meinst Du was ich ständig bete? Ich habe oft Buße getan und Gott gesagt, dass ich aufhören will.“ Wir haben eine Zeit lang geschwiegen. Dann fragte ich Sie: „Wann hast du damit angefangen und warum?“
Sie berichtete, dass sie als Jugendliche gerne bei den anderen akzeptiert sein wollte und darum begonnen hatte obwohl sie wusste, dass es schlecht sei. Ich fragte. „Damals hast du das also über dein Gewissen gestellt? Dann lass uns doch zum Anfang zurück gehen. Hast du dieses erste Rauchen und deine Gründe schon einmal im Gebet genannt?“ Sie verneinte. Wir haben dann gebetet wegen der Versuchung, die Jahrzehnte zurück lag. Danach hat sie das Päckchen das sie dabei hatte direkt in den Mülleimer geworfen. Sie meinte, das sei der Knoten in Ihrem Leben gewesen. Sie hat danach wirklich nicht mehr geraucht.
Das ist das Jesusrezept Teil 2:
Erlöse uns von dem Bösen.
Die Versuchung hat nicht das letzte Wort. Sie kann auch rückgängig gemacht werden. Mit Willenskraft hatte die Frau es nicht geschafft die Sache zu lassen. Nicht einmal „mit Gottes Hilfe“. Erlösung war nötig. Das ist etwas was Gott tut, aber es brauchte auch die Entscheidung sich gegen die Versuchung zu stellen. Auch wenn es sehr spät geschah.
Das sind zwei Erlebnisse von denen ich berichten kann. Jeder hat seine eigene Geschichte. Immer unterschiedlich, aber Versuchungen kommen immer darin vor. Irgendwo in deinem Leben hast du auch solche Geschichten: Gute für die du dankbar sein kannst und schlechte, die erlöst werden können.
Entscheide dich jetzt gegen neue Versuchungen, damit du nicht in Schwierigkeiten kommst und gegen alte Versuchungen, damit aus schlechten Geschichten wieder gute werden.